Franziskas Abendlied
Frank Wedekind
(1) Weiß die Mutter doch so gut
Wann die Äpfel reifen,
Und ihr eigen Fleisch und Blut
Will sie nicht begreifen!
Wenn ich nicht so trostlos wär,
Ging's mir wohl um Treue;
Kommt das Glück von ungefähr,
Folgt ihm keine Reue
(2) Seht euch nur das Leben an,
Hühner, Enten, Gänse
Drüben schwingt der Schnittersmann
schon die blanke Sense
Baut' ich auf den lieben Gott,
Baut' auf meine Karten,
Ward bei beiden mir zum Spott
Lernte fleißig warten
(3) Zwanzig Sommer sind vorbei,
Armes kurzes Leben -
Hast nun einen süßen Mai
Heimlich doch gegeben!
Ist die Nacht nicht gar so still
Stiller wird's am Tage;
Weiß man einmal, was man will,
Scheut man keine Plage.
(4) Mütterchen zergrübelt sich,
Streicht die weißen Haare,
Träumt so mancherlei für mich,
Träumt sich nicht das Wahre.
Schrecklich ist die Einsamkeit
Nur auf Gottes Erden.
Schön ist auch ein Glück zu zweit,
Will's zu dritt nicht werden.
(5) Kommen viele Jahre noch,
Langes, kaltes Sterben;
Durft' ein einzig Mal ich doch
Um mein Schicksal werben!
Not und Schande, Angst und Pein,
Alles will ich tragen,
Wird es nur kein Mägdelein
Will ich gar nicht klagen
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Musik zum Anhören (MIDI) Noten und Text zum Ausdrucken (PDF)
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